Nordhorner Innenstadt birgt Hindernisse für Rollstuhlfahrer
Wer auf einen Rollstuhl angewiesen ist, erlebt im Verkehr andere Herausforderungen. Diese Erfahrung machten Bürgermeister Berling sowie Ratsmitglieder. Leny Veldscholten und der Behindertenbeirat zeigten ihnen einen Rundgang aus Sicht der Rollstuhlfahrer.

Leny Veldscholten zeigte Bürgermeister Thomas Berling (beide im Rollstuhl) die Innenstadt aus Sicht der Rollstuhlfahrenden. Begleitet wurden sie von (hinten von links): Andreas Korecker (FDP), Friedrich Hoegen (Vorsitzender Behindertenbeirat), Reinhard Prüllage (Bündnis 90/Die Grünen), Eva Fähser-Garde (Behindertenbeirat) und Horst-Dieter Dörr (Vorsitzender Seniorenbeirat).Foto: privat
Nordhorn Leny Veldscholten ist 70 Jahre alt und seit vier Jahren auf den Rollstuhl angewiesen. Sie hatte die Idee der gemeinsamen Tour an den Behindertenbeirat und die Stadtverwaltung herangetragen: „Wenn man selbst in der Situation ist, versteht man erst richtig, was es bedeutet, nicht einfach so überall hingehen zu können“, sagt sie. Gerne stellte sie auch einen Rollstuhl für die Aktion zur Verfügung.
Veldscholtens Wohnung liegt in unmittelbarer Nähe zum Povel-Turm. „Ich hatte Glück, kurzfristig eine ebenerdige Wohnung so nah am Zentrum zu finden, als ich in diese Situation gekommen bin.“ Nach ihrer Wahrnehmung wohnen im Stadtzentrum zunehmend ältere Menschen, die auf Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind.

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Zu steile Brücken wie zum Beispiel die blaue Vechtebrücke am Vechtesee können für Rollstuhlfahrer zum unüberwindbaren Hindernis werden, das Umwege erzwingt. Fotos: Konjer/privat
Auf dem Weg von der Wohnung in Richtung Innenstadt erleben die „Rollstuhlanfänger“ verschiedene Herausforderungen: Schrägen und Steigungen, Kopfsteinpflaster sowie einige unglücklich platzierte Straßenschilder. Auch die Fuß- und Radwegebrücken zur Vechteinsel sind laut Veldscholten anspruchsvoll: „Die Vechte ist ja schön, aber viele der kleineren Brücken sind sehr steil.“ Wer sich die Überquerung mit dem Rollstuhl nicht zutraue, müsse deutliche Umwege über die größeren Torbrücken in Kauf nehmen.
Hier hat die Stadt Nordhorn bereits Verbesserungen umgesetzt, berichtet der Bürgermeister: „Die Brücken, die wir in den vergangenen Jahren erneuert haben, sind deutlich flacher gebaut“. Darauf werde auch bei zukünftigen Projekten besonders geachtet. „Nur die Tret- und Vechteboote sollen noch unten durchpassen“, so der Bürgermeister.
Im weiteren Verlauf des Rundgangs steht die Zugänglichkeit von Gebäuden und Sanitäranlagen im Fokus. Veldscholten führt die Gruppe dazu in das Gemeindehaus sowie in das Begegnungszentrum „Kirchenschiff“ an der Augustinuskirche. „An dem rollstuhlgerechten Fahrstuhl und der öffentlich zugänglichen Behindertentoilette können sich andere ein gutes Beispiel nehmen“, so die Rollstuhlfahrerin.
Zum Thema Sanitäranlagen verweist Berling auf das Projekt „Nette Toilette“. Die Stadt Nordhorn plant, zukünftig Unternehmen und Einrichtungen in der Innenstadt finanziell zu unterstützen, wenn sie ihre Toilettenanlagen öffentlich zur Verfügung stellen. „Diese Unterstützung soll auch ein Anreiz dafür sein, die Anlagen nach Möglichkeit behindertengerecht umzugestalten“, so Berling.

Die Innenstadt aus Sicht der Rollstuhlfahrer zeigte Leny Veldscholten Bürgermeister Thomas Berling (beide im Rollstuhl vorne). Mit dabei waren Mitglieder des Rates und des Behindertenbeirates (im Hintergrund). Foto: privat
Der Rundgang aus der Rollstuhlperspektive hat sich gelohnt, darin sind sich alle Teilnehmenden zum Abschluss einig. „Man lernt schnell, dass vermeintliche Kleinigkeiten große Auswirkungen haben können, wenn man sich im Rollstuhl durch die Stadt bewegen muss“, fasst der Bürgermeister seine Erfahrungen zusammen. Die Abteilung für Straßenbau und Verkehr der Stadt Nordhorn sei in diesem Bereich zum Glück sehr gut geschult und sensibilisiert. Auch die Zusammenarbeit mit dem Senioren- und Behindertenbeirat sei sehr wertvoll: „Wir arbeiten alle gemeinsam jeden Tag daran, dass in Nordhorn alle Menschen gut leben können, auch diejenigen mit körperlichen Einschränkungen“, so Berling.