Zum Sonntag
Perfekte Momente
Bei meinem alten Auto habe ich darauf hingefiebert und dann ist es mir tatsächlich gelungen. Ich habe den perfekten Moment bemerkt, als mein Kilometerstand die Zahl 99.866 anzeigte. Es war nur ein kurzes Vergnügen auf der Autobahn, aber ich habe mich noch lange darüber gefreut, dass ich diese perfekte Spiegelzahl tatsächlich gesehen habe. Albern könnte man sagen. Aber so eine Zahl, die auch dann noch gleich bleibt, wenn ich sie um 180 Grad drehe, die gibt es einfach selten. Und noch viel seltener ist es, dass ich sie dann tatsächlich wahrnehme, denn beim Autofahren schaue ich sonst kaum auf den Kilometerstand. Da gibt es anderes, was wichtig ist, die Straße, der Verkehr, die anderen Verkehrsteilnehmenden… Und selbst wenn ich mir vornehme, eine besondere Zahl nicht zu verpassen, gelingt es längst nicht immer. Denn neben dem Autofahren fordert ja auch das Leben an sich seine Aufmerksamkeit und ich kann nicht ständig über lustige Zahlen nachdenken. An der 100.000 bin ich wenig später einfach vorbeigebraust.
So wie mit dem Bemerken der besonderen Zahlen, geht es mir auch mit anderen perfekten Momenten in meinem Leben. Manchmal ist alles in der Balance, es fühlt sich gut und richtig an, so richtig schön. Aber wenn gerade viel los ist, viele Anforderungen, viele Menschen, viele Ereignisse aufeinanderkommen, dann stelle ich manchmal erst im Nachhinein fest, wie gut und perfekt der Moment war. Oder ich nehme es gar nicht wahr, so schnell verflüchtigt sich der kleine Moment schon wieder, geht unter zwischen all meinen Alltäglichkeiten. Denn der perfekte Moment ist oft kein großes Ereignis, das von langer Hand geplant werden könnte. Es ist mein Sohn, der abends noch überraschend ins Arbeitszimmer kommt, um kurz „gute Nacht“ zu sagen. Es ist das Telefon, das genau dann klingelt, wenn ich jemanden zum Reden brauche. Oder der Platz auf der Parkbank, bei dem die Sonne genau auf meinen Rücken scheint. Daher nehme ich mir vor, darauf zu achten und vor allem, damit zu rechnen, dass es solche perfekten Momente in meinem Tag geben könnte. In meinem Leben ist Jesus dafür ein Vorbild. Denn der konnte das. So ganz im hier und jetzt sein und dann auch erkennen, wenn ein besonderer Moment da ist. In der Begegnung mit Menschen, im aufeinander Zugehen und Wahrnehmen. Oft nur ein kurzer Augenblick und dann geht es weiter mit dem Leben, mit den perfekten und den vielen nicht perfekten Momenten.
Katharina Friebe ist Pastorin der ev.-lutherischen Christus- und Kreuzkirchengemeinde in Nordhorn
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