09.06.2023, 11:00 Uhr / Lesedauer: ca. 3min

Post vom Chefredakteur

Korrekt bleiben beim Zitieren! Wer etwas sagt, hat es keineswegs behauptet

author Von Guntram Dörr

Liebe Leserinnen und Leser,

sagen, meinen, betonen, erklären, erzählen, berichten, behaupten: Nachdem ich mit Ihnen zuletzt einige grundlegende Gedanken zur Rolle der Medien geteilt habe, kehren wir heute zurück in den Maschinenraum des Lokaljournalismus und wenden uns vermeintlich harmlosen Begriffen zu. Unschuldig klingenden Wortarten, die dennoch eine große Wirkung erzielen können, wenn wir Journalisten sie unbedacht, schlampig oder lieblos verwenden. Genau genommen solche, die wörtlichen Aussagen eine Klangfarbe zuweisen. Doch, doch – Sprache kann klingen, wenn wir sie lesen.

Der Minister „sagte“ es: Gut so!

Sinnzusammenhänge können bis hin zur Verfälschung gebogen werden, wenn wir nicht aufpassen. Nehmen wir Karl Lauterbach, den Bundesgesundheitsminister. Er dürfte zu den am meisten zitierten Menschen in Deutschland gehören, das bringen sein Amt und seine Redseligkeit gleichermaßen mit sich. Am 2. Juni berichteten die GN über eine Aussage des SPD-Politikers zur Krankenhausreform so: „Lauterbach sprach nach Beratungen gestern von einem Durchbruch.“

So gehört es sich, das ist korrekt. Wer das liest, erhält einen völlig neutralen Eindruck. Wer das schrieb, hatte nachgedacht oder lebt von großer Routine.

Muss er mir das erklären?

Sie wollen wissen, was hätte falsch laufen können? Gerne. Fangen wir harmlos an:

„Lauterbach erklärte, es habe einen Durchbruch gegeben“.

Nicht schlimm, klingt aber gestelzt, förmlich, langweilig und ein wenig herablassend. Man muss mir das nicht erklären, ich verstehe es schon, wenn er es mir sagt.

Die falsche Betonung

Schwerer wiegt bereits diese Alternative:

„Lauterbach betonte, es habe einen Durchbruch gegeben.“

Musste der Minister also hart dafür kämpfen? Will er anders lautende Einschätzungen widerlegen? Nein, er hat es gesagt. Oder mitgeteilt. Mehr nicht.

Verbaler Schadensfall?

Beispiel 3 reicht bereits in die journalistische Unsauberkeit hinein, weil es von mangelnder Glaubwürdigkeit ahnen lässt:

„Lauterbach versicherte, es habe eine Durchbruch gegeben.“

Hat der Minister denn nicht mehr genügend Reputation, dass wir ihm bereits glauben, wenn er „nur“ etwas sagt? Muss er uns versichern, etwa gegen einen verbalen Schadensfall?

Das Problem mit der Behauptung

Anlass zum energischen Rüffeln des Autors böte, zum Abschluss dieser kleinen hypothetischen Aufzählung, die Wendung:

„Lauterbach behauptete, es habe einen Durchbruch gegeben.“

Diese Formulierung lässt den Politiker unseriös wirken, sie rückt ihn nahe heran an die Lüge. Etwas zu behaupten, zeugt gemein hin von mangelnder Substanz, was vielleicht bei Kommentaren in den Internet-Netzwerken eher die Regel als die Ausnahme sein mag. In unserem konstruierten Zusammenhang unterstellt sie einem Mitglied der Bundesregierung, bewusst wider besseres Wissen zu reden. Das macht die Angelegenheit schwer wiegend.

Bald mehr vom tückischen Alltag

Aufgepasst also, gute Journalistensprache verlangt Sorgfalt, selbst im vermeintlich Kleinen. Sie, liebe Leserinnen und Leser, werden uns wahrscheinlich immer einmal wieder dabei erwischen, wie wir auch in den GN den Ton nicht treffen. Ich sage Ihnen, dass wir diese Quote gering halten werden, ich muss es nicht betonen, frech behaupten oder eigens versichern.

Mehr vom mitunter tückischen Alltagsgeschäft in der GN-Redaktion? Sicher bald in unserer Post!

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