Klimaneutrales Bauen mit Recycling von Baustoffen

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Kreislaufwirtschaft im Baubereich: Baustoffe landen nicht auf der Deponie, sondern sind so konzipiert, dass sie wiederverwendet werden können. Foto: Fullwood-Wohnblockhaus
Was das genau bedeutet und worauf es dabei ankommt, erklärt Thomas Billmann von der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Auf die Bauwirtschaft in Deutschland und in der Folge auch auf die Bauherrenfamilien kommt mit dem Green Deal der EU eine Schlüsselrolle bei der Klimawende zu. Das Ziel dabei: Klimaneutralität bis 2050. Doch bislang machen Neubau und die Sanierung von Gebrauchtimmobilien laut Umweltbundesamt mehr als die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland aus.
„Wir müssen schon bei der Planung von Häusern darauf achten, welches Material wir wie verbauen, damit wir am Lebensende einer Immobilie möglichst alle Materialien wiederverwenden können“, erklärt Modernisierungsexperte Thomas Billmann. „In jedem Haus stecken mehrere Tonnen Stahl, zudem Holz, das CO2 speichert, und Edelmetalle wie Kupfer. So betrachtet ist der Gebäudebestand ein riesiges Rohstofflager, das wir künftig noch viel stärker nutzen müssen“. Derzeit gilt oft: Die Mülldeponie ist die Endstation für die meisten Baustoffe. Doch die Verwertung von Bauabfällen kostet viel Energie: Die Baustoffe müssen in ihre Einzelkomponenten getrennt und weiterverarbeitet werden. „Besser ist es also, die Leitungen und Rohre schon beim Bau in separaten Schächten zu verbauen, statt sie hinter Putz zu legen. Das hilft, dabei die Baustoffe später einfacher trennen zu können“, erklärt Billmann. Auch beim Betonbau lässt sich die Wiederverwertbarkeit des Baustoffs deutlich verbessern: Recyclingbeton enthält mindestens 25 Prozent Granulat aus Abbruchbeton. Dadurch wird nicht nur die Bauschuttmenge auf den Deponien verringert. Kies als endlicher Rohstoff wird ebenfalls eingespart und zusätzlich reduziert sich die CO2-Bilanz bei der Zementherstellung.
Die Auswahl an ökologischen Baustoffen und deren Einsatzmöglichkeiten sind groß. Der Effekt auch. Massive Holzwände, Lehm oder auch reine Kunststoffe zahlen schon bei der Herstellung auf Nachhaltigkeits- und Klimaziele ein. Als erste Orientierung beim Kauf können Öko-Siegel dienen: Es gibt zahlreiche Umweltsiegel, die nachhaltige Baustoffe kennzeichnen. Der „Blaue Engel“ ist eines der ältesten und bekanntesten, ebenso die Siegel von Eco Institut, IBU und Nature Plus. Bei der Verarbeitung dieser Baustoffe weiß der Schwäbisch Hall-Experte Rat: „Wir sollten heute beginnen, so zu bauen, dass wir die Baustoffe gut trennbar verwenden. Dann klappt‘s später auch mit der leichten, klimaschonenden Wiederverwertung.“
Lehm ist einer der natürlichsten Baustoffe und besitzt sehr gute bauphysikalische und baubiologische Eigenschaften. So können Lehmbaustoffe sehr schnell überschüssige Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben. Ferner speichert Lehm Wärme und ist in der Lage, Schadstoffe zu absorbieren. Als in den frühen 2000ern erstmals eine nennenswerte Anzahl von Bauherrn auf die Vorteile des ökologischen Bauens aufmerksam wurde, mussten sie feststellen, dass diese Stoffe auf dem Markt eine Seltenheit (geworden) waren.
Bevor auch nur an einen erneuten großmaßstäblichen Einsatz zu denken war, musste zunächst viel verlorenes Wissen neuentdeckt werden. Es musste geforscht und an Praxistauglichkeit unter zeitgenössischen Gesichtspunkten getüftelt werden. Neue Produktionsstränge wollten etabliert werden – und dies alles mit dem Gegenwind einer starken konventionellen Baustoffindustrie.
Doch neue Produkte müssen sich erst am Markt etablieren und für schnelle Rentabilität sind zunächst Gewinne zu erzielen. So kam es, dass ökologische Baustoffe teilweise tatsächlich teurer waren als die bisher etablierten konventionellen Materialien.