Post vom Chefredakteur
Die Normalität kehrt zurück: Zum Glück auch in der Zeitung
Ein ganz kurzer Fußweg hat mich nach mehr als zwei Jahren unter der drückenden Corona-Glocke am vergangenen Sonntag zurück in die Normalität gebracht. Es waren wenige Schritte von einem Firmenparkplatz im GIP, wo ich mein Auto geparkt hatte, bis zum schmalen Grüngürtel der Denekamper Straße. Hindurch führte ein schmaler Pfad, dann stand ich unvermittelt vor einem mächtigen Einsatzfahrzeug des Technischen Hilfswerks. Die blaue THW-Flotte flankierte allerdings nur ein Mega-Ereignis – die Einweihung der Wache Süd der Feuerwehr Nordhorn.
Maskenlos, sorglos, bestens gelaunt
Die Brandschützer hatten mächtig aufgefahren, natürlich in signalrot. Auf der großen Verkehrsachse nach Holland, die abgesperrt war, flanierten Tausende Fußgänger, darunter viele junge Familien. Kinder, die kaum übers Lenkrad gucken konnten, thronten stolz auf dem Fahrersitz der hochmodernen Lösch- und Rettungslastwagen, mindestens ebenso stolz fingen lächelnde Mütter und Väter diese Momente mit Handyfotos ein. Maskenlos, sorglos für den Moment, und bestens gelaunt ging dieses Volksfest vonstatten. Und wir hatten endlich wieder einmal die Gelegenheit, von einem unbeschwerten Ereignis berichten zu können, das die halbe Stadt auf die Beine brachte.

© Konjer, Stephan
Leistungsschau vor großem Publikum: Die Eröffnung der Wache Süd der Feuerwehr Nordhorn geriet zum Volksfest. Foto: Konjer
„Blaulicht-Meldungen“ interessieren stark
Ich habe zuletzt häufig von der mitunter schwierigen Abwägung gesprochen, die Journalisten zu treffen haben. Wie viel Platz dürfen, sollen oder müssen die Katastrophen des Alltags in der Zeitung und auf den GN-Online-Kanälen einnehmen? Warum steht das Besondere und Ungewöhnliche so oft im Brennpunkt, obwohl es doch nur einen engen Ausschnitt unseres Alltags widerspiegelt? Die schreibende Zunft, die inzwischen ja längst eine sprechende und filmende geworden ist, wittert dann ein hohes öffentliches Interesse, und die Zugriffszahlen auf „Blaulicht-Meldungen“ bestätigen das.
Gekippter Anhänger, Rohrbruch in der Innenstadt
Am Wochenende ist im niederländischen Losser ein Anhänger umgekippt, auf dem 20 junge Männer einer Fußballmannschaft saßen. In Neuenhaus setzte ein gebrochenes Rohr einige Bereiche der Innenstadt unter Wasser. Und in der Grafschaft macht sich der Krieg gegen die Ukraine jetzt wieder direkter bemerkbar, weil die Zahl der Flüchtlinge steigt und immer häufiger auch Familien bei uns ankommen, die dem Elend in ihrer Heimat entkommen wollen. Diese und inhaltlich verwandte Themen habe eine Rolle gespielt und werden das auch künftig in den GN tun.
Versammlungen, Ehrungen, Medaillen
Aber das Leben in seinen geordneten Bahnen hat durch die Pandemie, wie ich finde, einen neuen Stellenwert bekommen. Wer zuletzt in der gedruckten oder digitalen Ausgabe geblättert oder das Angebot von GN-Online geklickt hat, fand ein steigendes Maß an Grafschafter Normalität. Gut so! Das Vereinsleben rollt an, wegen Corona ausgefallene Versammlungen und Ehrungen können nachgeholt werden. Neue Vorstände kommen ins Amt, die treuesten der Treuen, die mitunter auf 50, 60 oder gar 70 Jahre der Mitgliedschaft zurückblicken, erhalten Nadeln und Medaillen als Zeichen der Anerkennung.
Berichtenswerte Normalität
Emlichheim diskutiert die Zukunft der alten Molkerei, in Nordhorn nimmt die Diskussion um die Eissporthalle Fahrt auf, Wietmarschen begrüßt die Wallfahrer und in Bad Bentheim gibt es Bestrebungen, eine neue Oberschule zu installieren. Die Handballer der HSG Nordhorn-Lingen bleiben im Rennen um den Bundesliga-Aufstieg und im Kloster Frenswegen lädt der Lions Club „Nordhorn-Lingen-Montagsgesellschaft“ zum Spargelmahl ein, dessen Erlös einem Projekt des „PingPongParkinson“ zufließt. Wenn das keine Normalität ist, die berichtwert wäre!
Und was wäre ohne die Feuerwehren?
An der neuen Wache Süd haben die Feuerwehr und ihr Publikum zueinandergefunden. Was den Brandschützern neben der eindrucksvollen Leistungsschau am Herzen lag, war es sicherlich, Verständnis für ihr wichtiges ehrenamtliches Engagement zu wecken. Unzählige GN-Artikel, wie zuletzt über den Brand der Mensa an der Ludwig-Povel-Schule in Nordhorn, hätten ohne den Einsatz der Feuerwehren einen deutlich negativeren Einschlag. Auf die Frauen und Männer in den blauen Uniformen ist Verlass, vom ersten Zugriff bis zur Brandwache an qualmenden Glutnestern. Dass dies so bleibt, scheint zumindest in Nordhorn gesichert mit der Gründung einer Jugendfeuerwehr.
Zugegeben: Wer im Nachrichtengeschäft arbeitet, findet das ein oder andere kommunalpolitische Feuerchen nicht schlecht. Viel wichtiger bleibt, dass wir genügend Menschen mit Gemeinsinn mobilisieren, die echte Feuer löschen.

