Post vom Chefredakteur
Dafür stehen wir: Die publizistischen Grundsätze der GN
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ So steht es im Grundgesetz, Artikel 5.
Was dort ausdrücklich nicht steht: dass eine Redaktion alles, was ihr in Wort, Schrift und Bild angetragen wird, auch veröffentlichen muss; dass sie reingereichte Inhalte nicht ablehnen, kürzen oder anderweitig redaktionell bearbeiten darf. Kurzum: dass Redakteure nicht redigieren dürfen.
Denn genau das ist die Tätigkeit einer Redaktion: sie redigiert. „Redigieren steht für Auswählen, Bearbeiten und Präsentieren des Stoffes in der dem Medium entsprechenden Form“, bringt es das Online-Lexikon Wikipedia auf den Punkt.
Redakteure redigieren. Was denn sonst?
Umso erstaunter bin ich manchmal, mit welcher Selbstverständlichkeit von uns Redakteuren gefordert wird, genau dies zu unterlassen. Ein Bäcker soll backen, ein Lehrer soll lehren - aber ein Redakteur soll nicht redigieren? Was, bitteschön, sollte er denn sonst tun? Einfach genau das abdrucken, was ihm von interessierter Seite vorgelegt wird, scheint sich mancher zu wünschen - zumindest dann, wenn er (oder sie) diese interessierte Seite vertritt. Und wenn die Redaktion nicht spurt, dann ist schnell von Zensur und einer angeblichen Verletzung der Pressefreiheit die Rede.
Dabei trifft das Gegenteil zu: Zensur ist eben nicht, wenn eine Redaktion es ablehnt, Inhalte wie gefordert zu veröffentlichen. Sondern Zensur ist, wenn eine Redaktion genau diese Entscheidung nicht frei treffen darf. Denn Pressefreiheit bedeutet, dass die Presse frei entscheiden kann, wie sie berichtet - und nicht, dass jeder die Freiheit hat, der Presse Inhalte vorzuschreiben.

Artikel 5 des Grundgesetzes. Nachzulesen zum Beispiel auf dieser Installation am Reichstagsufer in Berlin. Foto: Burkert
Alles im Rahmen von Recht und Gesetz
Selbstverständlich entbindet die Pressefreiheit uns Redakteure nicht von der Pflicht, Gesetze zu befolgen. Auch das ist im Grundgesetz, Artikel 5, klar geregelt. Absatz 2 lautet: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“
Dies einzuhalten, liegt in der Verantwortung der Redaktion - für die eigenen Inhalte, aber eben auch für die Beiträge Dritter. Redakteure dürfen also nicht nur Pressemitteilungen, Leserkommentare oder andere Einsendungen ablehnen. Sie müssen es sogar, wenn diese gegen Recht und Gesetz verstoßen.
Wir orientieren uns am Pressekodex
Darüber hinaus gehört zur Pressefreiheit, dass die Presse selbst frei darin ist, sich Grundsätze zu geben, nach denen sie publizieren will. Richtlinien dafür finden sich zum Beispiel im Pressekodex des Deutschen Presserats. Darin geht es unter anderem um die Unschuldsvermutung, um die Trennung von Redaktion und Anzeigen, um Sorgfaltspflicht, Richtigstellung und viele weitere Punkte. Alles Richtlinien, die sich die Presse selbst gegeben hat und denen auch wir bei den GN uns verpflichtet fühlen.
Innere Pressefreiheit - aber auch Tendenzschutz
Auch der einzelne Verlag, also der Arbeitgeber, darf seinen Redakteurinnen und Redakteuren durchaus grundsätzliche Vorgaben machen. Damit sind allerdings nicht Eingriffe in das Tagesgeschäft gemeint. Denn Pressefreiheit richtet sich nicht nur gegen Einflussnahme von außen, sondern auch von innen. Medien-Wiki erklärt das so: „Mit der inneren Pressefreiheit ist die Unabhängigkeit des einzelnen Journalisten / Redakteurs von inhaltlichen oder politischen Beschränkungen seiner Arbeit und Meinungsäußerung durch Chefredakteur, Herausgeber oder Verleger gemeint.“ Das bedeutet: „Schreibende dürfen nicht dazu gezwungen werden, etwas unter eigenem Namen zu veröffentlichen, was nicht ihrer Meinung entspricht.“ Allerdings gilt auch: „Verlage haben das Recht zu bestimmen, in welche Richtung Presseerzeugnisse ihres Hauses zu gehen haben, sie genießen Tendenzschutz.“
Die publizistischen Grundsätze der Grafschafter Nachrichten
Zulässig sind also publizistische Grundsätze, in denen eine Redaktion ihre grundsätzliche Haltung festlegt. Wir Redakteure bei den Grafschafter Nachrichten haben uns schon seit Jahrzehnten auf diese vier Grundsätze verpflichtet:
- Die „Grafschafter Nachrichten“ sind überparteilich, unabhängig und bekennen sich zum Grundgesetz als der freiheitlichen Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.
- Die Redaktion geht davon aus, dass sie für Leser schreibt, die als mündige Staatsbürger die Träger der politischen Willensbildung im Staat sind.
- Die Redaktion bekämpft alle rechts- und linksradikalen Tendenzen. Sie erteilt entsprechenden Bestrebungen eine deutliche Absage.
- Die Redaktion tritt für einen weiteren Ausbau des sozialen Rechtsstaates, für die Würde des Menschen und für den Schutz der Schwachen ein.
So steht es in unseren Arbeitsverträgen. Und dazu stehen wir.

