Digitalisierung: Geht uns die Arbeit aus?
Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Arbeitswelt aus und was bedeutet dies für Führung und Personalentwicklung? Um diese Zukunftsfragen ging es in einem Vortrag von Dr. Oliver Stettes vom Institut der deutschen Wirtschaft in Nordhorn.

Die Digitalisierung werde die Arbeitswelt verändern, aber nicht abschaffen, sagte Dr. Oliver Stettes in seinem Vortrag über das Thema „Arbeit 4.0 - Herausforderung für Führung und Personalentwicklung“ im NINO-Hochbau in Nordhorn. Foto: Wala-Eichhorn
gn Nordhorn. Eingeladen hatte die Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim. Über 50 Geschäftsführer und Personalverantwortliche informierten sich im NINO-Hochbau. Die Sorge, dass technischer Fortschritt und Strukturwandel Arbeitsplätze vernichten, ist groß. „Derartigen Bedrohungsszenarien fehlt häufig die solide empirische Basis. Sie sind wie ein Blick in die Glaskugel“, gab Dr. Oliver Stettes vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln Entwarnung. Im Gegenteil: „Rund ein Drittel der bereits stark digital ausgerichteten Unternehmen in Deutschland plant in absehbarer Zeit sogar eine Aufstockung des Personalbestandes.“ Dies ist ein Ergebnis aus dem sogenannten IW-Personalpanel, in dem das Forschungsinstitut aus Köln rund 1400 Unternehmen zu dem Thema Digitalisierung befragt hat.
„Wir werden eine Arbeitswelt 4.0 haben“, sagte Stettes über die Zukunft der Arbeit. „Diese wird bezogen auf die Anzahl der Beschäftigten und die Art der Beschäftigungsverhältnisse nicht sehr viel anders sein, als die Arbeitswelt, wie wir sie bisher kennen.“ Den größten Unterschied sehen er und sein Institut in der Art und Weise, wie gearbeitet wird. Die zunehmende Verbreitung des Internets und der Einsatz mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets führten zu einer räumlichen und zeitlichen Flexibilität der Arbeit. Der Arbeitsplatz müsse nicht mehr zwangsläufig im Betrieb sein, Arbeitszeiten verlagerten sich in den privaten Bereich hinein. Dies bringe einige Gefahren, aber auch Vorteile mit sich.
Großes Potenzial biete die Arbeitswelt 4.0 beispielsweise für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, stellten die Forscher fest. Das häufig gezeichnete negative Bild der ständigen Erreichbarkeit von Angestellten und den damit verbundenen Folgen für deren Gesundheit sehen die Forscher aus Köln nicht bestätigt.
Eine Studie ergab, dass hauptsächlich Führungskräfte in ihrer Freizeit dienstlich telefonierten oder E-Mails beantworteten. Dies sahen die Befragten nicht als besondere Belastung, eher als Entlastung. Damit auch der Mitarbeiter so empfinde, müsse allerdings die Erwartungshaltung zwischen ihm und der Führungskraft geklärt sein, sagte Stettes.
Wichtig im Zusammenhang mit mobilem Arbeiten sei außerdem eine höhere Entscheidungsfreiheit bezogen auf die Planung und den Umfang der Arbeit. „Die große Führungsaufgabe am Ende des Tages ist es, Ressourcen und Arbeitsanforderungen in Balance zu halten und dabei keine Überwachungs-Atmosphäre aufzubauen, auch wenn dies technisch möglich wäre“, sagte Stettes.
Fazit des Nachmittags: Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt an sich nicht abschaffen. Die Art und Weise wie wir arbeiten, wird sich allerdings verändern. Den Bereichen Personalentwicklung sowie Aus- und Weiterbildung kommen entscheidende Bedeutung zu. In einer digitalisierten Arbeitswelt müssen Mitarbeiter vor allem in der Online-Kommunikation, der Datenverarbeitung, der Informationsrecherche und dem Datentransfer hohe Kompetenzen aufweisen.